Dann eben nicht zum Baikal!
Wie aus einer Reise zum Baikalsee eine Reise zur Barentssee wurde…
„Manchmal muss man zu seinem Glück gezwungen werden“ – heißt es doch so schön. Wir können das nur bestätigen. Fünfzehn Jahre stand unser Plan, im Winter Sibirien mit einem umgebauten Wohnmobil zu bereisen. Eine Auszeit, die wir uns zum 50. Geburtstag genehmigen wollten. Im November 2017 sollte es losgehen. Wie so oft im Leben kam alles ganz anders. Aber der Reihe nach: Unsere intensiven Vorbereitungen für diese waghalsige Exkursion begannen etwa ein Jahr zuvor. Als erstes musste ein geeignetes Fahrzeug gefunden werden. Wir entschieden uns für einen MAN-Baujahr 1977 aus alten Bundeswehrbeständen. Die holländische Firma „Commerce“, die sich auf diese Fahrzeuge spezialisiert hat, gab dem alten MAN wieder einen neuen Schliff und baute uns einen Aufsatz, der dann zur Wohnkabine umfunktioniert werden sollte. Das übernahm die Tischlerei „Tischlerei Gross & Schultz GbR“ aus Elmenhorst. Das Anhänger und Campingcenter Brandt sorgte für Elektrik, Gas, Wasser und Sanitärausstattung. Die notwendige Kameraausrüstung am Wagen brachte die Firma Car-audio-tech an. Wir beantragten beim russischen Konsulat ein Geschäftsvisum, besorgten die notwendigen Papiere für unsere kleine sibirische Huskyhündin, nahmen Russischunterricht und statten uns mit „allerlei Equipment“ für so ein Unterfangen aus. Vom Satellitentelefon bis zum russischen Vodka war alles an Bord, als wir am 1. Dezember endlich gen Osten aufbrachen. Völlig autag hätten wir uns in der Wildnis bewegen können. Hätten – wenn da nicht die für uns unüberwindbare russische Grenze gewesen wäre…
Über Polen und Litauen fuhren wir nach Lettland, um am Grenzübergang Terehova nach Russland einzureisen. Alles lief wie am Schnürchen. Nach den ersten 90 Minuten hatten wir 3 Grenzstationen überwunden. Unsere Pässe waren mit mehreren Stempeln versehen, unser Auto gefilzt und die russische Fahne flatterte vor uns im Wind. Kein Zweifel – die Schauerberichte, die wir im Vorfeld über die Einreise nach Russland gelesen hatten schienen auf uns nicht zuzutreffen. Was für ein Irrtum! Hinter der nächsten Biegung ging der Wahnsinn erst richtig los. Um es abzukürzen, nach etwa 12 Stunden und um viele Erfahrungen reicher wurden wir mit einem kurzen „Domoi!“ wieder aus Russland herauskomplimentiert. Begründung: unser Auto war zu schwer. Nach einem neuen russischen Gesetz darf man als Privatperson nicht mit einem KFZ mit einem Gewicht über 5 Tonnen einreisen. Unser MAN wog 14 Tonnen. So schnell wollten wir nicht aufgeben. Wir schalteten die deutsche Botschaft ein, das Bundesamt für Güterverkehr und versuchten unser Glück noch zwei Mal. Aber trotz Sondergenehmigung und massiver Intervention einer Mitarbeiterin der deutschen Botschaft mussten wir nach 8 Tagen der Belagerung der russischen Grenze einsehen, dass für uns kein Weg nach Sibirien führte. Also improvisierten wir und entwickelten Plan B. Nun hieß es – auf zum Polarmeer! Wenn schon kein sibirischer Winter – dann ein arktischer Winter.
Unser Weg dorthin führte uns zunächst über Riga und Tallin nach Helsinki. Von dort fuhren wir an der finnisch-russischen Grenze durch das wunderschöne Karelien in Richtung Polarkreis, erforschten den Norden Norwegens und durchquerten Schweden von Nord nach Süd. Schnee, Kälte, Einsamkeit und Abenteuer fanden wir auch hier und eine beeindruckende Landschaft und Tierwelt. Insgesamt legten wir ca. 11.000 Kilometer zurück. Davon 95% auf Eis und Schnee, was sich oftmals als sehr schwierig erwies, wie man noch sehen wird….
Hier ein paar Reiseimpressionen.
Bilder-Reisetagebuch
Finnland
Der Hausmeister der Forschungsstation der Universität Helsinki wird zum Retter in der Not.
Norwegen
Schweden
Die skandinavischen Straßenverhältnisse stellten eine große Herausforderung für unseren MAN dar. Eisglatte, gewölbte Fahrbahnen bestraften jeden kleinen Fahrfehler. Ohne spezielle Winterreifen und Spikes, wie sie die Skandinavier an ihren Fahrzeugen haben, entwickelte sich fast jede Fahrt zur Schlitterpartie.
Urlaubsgrüße aus dem Baikal